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Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 04.11.1999
Aktenzeichen: 2 W 163/99
Rechtsgebiete: WEG, ZPO
Vorschriften:
WEG § 45 III | |
ZPO § 286 | |
ZPO § 568 | |
ZPO § 793 | |
ZPO § 890 |
2 W 163/99 3 T 358/99 LG Kiel 2 II 386/99 AG Rendsburg
Beschluß
In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wohnungseigentumsanlage in Rendsburg
beteiligt:
1. die Eheleute 24768 Rendsburg,
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Stegemann und Partner in Eckernförde -
2. 24768 Rendsburg,
- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte Melbeck und Partner in Kaltenhof -
3. 24768 Rendsburg,
4. 24768 Rendsburg,
hat der 2. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2. vom 13.09.1999 gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 23.08.1999 durch die Richter am 04.11.1999 beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe:
Mit einstweiliger Anordnung vom 28.04.1999 (Bl. 95 f. d. A.) hat das Amtsgericht den Beteiligten zu 1. aufgegeben, es zu unterlassen, im Falle einer Warmwasserentnahme durch die Beteiligte zu 2. und die damit verbundenen Ausdehnungsgeräusche gegen Wände zu schlagen, die Jalousien des Hauses fortwährend rauf und runter zu lassen, mit den Türen zu knallen sowie anderweitig eine Geräuschkulisse, die Zimmerlautstärke übersteigt, zu veranstalten, und den Beteiligten zu 1. für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis 5.000,- DM angedroht. Mit Schriftsatz vom 11.06.1999 (Bl. 115 f. d. A.) hat die Beteiligte zu 2. wegen zweier, angeblich am 09.06.1999 und 10.06.1999 begangener Zuwiderhandlungen gegen die vorgenannte einstweilige Anordnung die Verhängung eines Ordnungsgeldes oder von Ordnungshaft beantragt und sich zum Beweis auf "Parteivernehmung" berufen. Das Amtsgericht hat daraufhin "Termin zur mündlichen Verhandlung" und das persönliche Erscheinen der Beteiligten zu 1. und 2. angeordnet. Im Termin hat das Amtsgericht die Beteiligte zu 1. und die Beteiligte zu 2. "persönlich angehört" und den Beteiligten zu 1. "förmlich als Zeugen" vernommen. Wegen des Inhalts der Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts vom 01.07.1999 (Bl. 117 f. d. A.) Bezug genommen. Mit Beschluß vom 02.07.1999 hat es gegen die Beteiligte zu 1. ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,- DM verhängt und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von 3 Tagen angeordnet. In der Begründung hat es ausgeführt, aufgrund der mündlichen Verhandlung stehe zu seiner Überzeugung fest, daß die Schilderung der Beteiligten zu 2. von den Vorfällen am Morgen des 09. und 10.06.1999 uneingeschränkt glaubhaft seien, die Beteiligte zu 2. glaubwürdig sei und die Einlassungen der Beteiligten zu 1. und ihres Ehemannes nicht geeignet seien, die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der Schilderung der Beteiligung zu 2. zu erschüttern. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluß (Bl. 126 f. d. A.) den Beschluß des Amtsgerichts geändert und den Antrag der Beteiligten zu 2., ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft festzusetzen, zurückgewiesen. Es hat zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, soweit die Beteiligte zu 2. in der Anhörung durch das Amtsgericht Zuwiderhandlungen der Beteiligten zu 1. bestätigt habe, stelle dies keinen geeigneten Beweisantritt dar, weil die Voraussetzungen für die Vernehmung der Beteiligten zu 2. als beweispflichtige Partei nicht vorgelegen hätten. Die Beteiligten zu 1. hätten der Vernehmung nicht zugestimmt (§ 447 ZPO) und auch die Voraussetzungen für eine Vernehmung von Amts wegen (§ 448 ZPO) hätten nicht vorgelegen, weil keine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestanden habe, daß die behaupteten Zuwiderhandlungen hätten bewiesen werden können; die Beteiligte zu 2. sei daher beweisfällig geblieben, sie habe nicht nachgewiesen, daß die Beteiligten zu 1. der einstweiligen Anordnung zuwider gehandelt hätten. Dagegen wendet sich die Beteiligte zu 2. mit ihrer "weiteren Beschwerde" vom 13.09.1999.
Das Rechtsmittel ist als sofortige weitere Beschwerde zulässig. Nach § 45 Abs. 3 WEG findet die Zwangsvollstreckung aus rechtskräftigen Entscheidungen, gerichtlichen Vergleichen und - wie hier - einstweiligen Anordnungen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt. Zur Anwendung kommen damit die Vorschriften der §§ 704 bis 898 ZPO. Vorschriften des WEG oder FGG sind daneben nicht anzuwenden. Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach § 890 ZPO, wenn der Vollstreckungsschuldner im Vollstreckungstitel zum Unterlassen oder Dulden einer Handlung verpflichtet wird. Das Wohnungseigentumsgericht als Gericht des ersten Rechtszuges wird dabei als Vollstreckungsgericht tätig. Hat - wie hier - das Wohnungseigentumsgericht als Prozeßgericht eine Entscheidung nach § 890 ZPO getroffen, so sind ausschließlich die Rechtsmittel der ZPO und nicht die des WEG oder FGG gegeben (Bärmann/Pick/Merle, Wohnungseigentumsgesetz, 7. Aufl. § 45 Rn. 161). Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts nach § 890 ZPO ist daher die sofortige Beschwerde nach Maßgabe der §§ 793, 567 ff., 577 ZPO statthaft. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist deshalb die sofortige weitere Beschwerde gem. §§ 793 Abs. 2, 568, 577 ZPO nur insoweit möglich, als in der Entscheidung des Landgerichts ein neuer selbständiger Beschwerdegrund enthalten ist. Dies ist hier der Fall, weil die Entscheidungen von Amtsgericht und Landgericht im Ergebnis nicht übereinstimmen.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Bei der Erzwingung einer Duldung oder Unterlassung nach § 890 ZPO hat das Gericht neben den allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen insbesondere zu prüfen, ob der erwiesene Sachverhalt eine schuldhafte Verletzung der Unterlassungs- oder Duldungspflicht des Schuldners darstellt (Zöller/Stöber, ZPO 21. Aufl. § 890 Rn. 5). Es ist immer ein voller Beweis nötig; eine Glaubhaftmachung genügt nicht (Baumbauch/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO § 891 Rn. 3). Das Landgericht nimmt vorliegend irrig an, daß das Amtsgericht seine Entscheidung aufgrund einer Parteivernehmung nach §§ 445 ff. ZPO getroffen hat. Das ist nicht der Fall. Danach fehlt es schon an einem Beweisbeschluß nach § 450 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das Amtsgericht hat vielmehr aufgrund einer persönlichen Anhörung der Beteiligten nach § 141 ZPO entschieden und ist aufgrund der von ihm durchgeführten mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gekommen, daß die "Schilderung der Beteiligten zu 2." glaubhaft sei. Das ist zulässig. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Als Erkenntnisquellen der Beweiswürdigung kommen der Sachvortrag und das Prozeßverhalten der Parteien und erst recht Äußerungen bei Anhörungen gem. § 141 ZPO in Betracht (vgl. Zöller/Greger a. a. O. § 286 Rn. 14). Unter solchen Umständen ist es verfahrensfehlerhaft, wenn das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts abändert, ohne zuvor erneut die Beteiligten persönlich zu hören und sich selber einen Eindruck von ihnen zu verschaffen. So kann der positive Eindruck aus einer vorangegangenen Parteianhörung nach § 141 ZPO Anlaß zur Anordnung einer Parteivernehmung von Amts wegen nach § 448 ZPO sein (Zöller/Greger a. a. O § 448 Rn. 4). Anhaltspunkte dafür, daß das Landgericht dies alles berücksichtigt hat, finden sich im angefochtenen Beschluß nicht. Der Senat macht daher von § 575 ZPO Gebrauch und verweist die Sache an das Landgericht zurück. Das Landgericht hat auch über die Kosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde zu entscheiden, da der Ausgang des Verfahrens und damit das Maß des Obsiegens und Unterliegens noch offen ist (Zöller/Gummer a. a. O. § 575 Rn. 40).
Ende der Entscheidung
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